1.3 Wirtschaftlicher Schaden

Studien im Ausland

Verschiedenste Studien zur Ermittlung der auf Bestan- desebene durch BVD verursachten Kosten wurden bisher durchgeführt. Meist beziehen sich die errechneten Verluste auf bestimmte Regionen oder Länder und sind deshalb nur bedingt auf hiesige Verhältnisse übertragbar. Bei unterschiedlichen Herdengrössen, Klimabedingungen, Landwirtschaftsformen, Marktpreisen, Rinderrassen etc. müssen BVD Ausbrüche zwangsläufig zu unterschiedlichen wirtschaftlichen Folgen führen. Nachfolgende Beispiele können dennoch eine grobe Vorstellung von den möglichen Verlusten geben:

1990 untersuchten Wentink und Dijkhuizen den finanziellen Verlust durch BVD in den Niederlanden. In die Berechnungen fanden 14 von Ausbrüchen betroffene Farmen Eingang, welche Einbussen erlitten durch Aborte, Totgeburten, Missbildungen, Fussläsionen, MD und PI Tiere. Die Autoren bezifferten den finanziellen Verlust pro Milchkuh auf durchschnittlich 136 Gulden (ca. 94 SFR), mit Schwankungen von Farm zu Farm von 42 bis 285 Gulden (ca. 29 - 197 SFR) [15]

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Stelwagen und Dijkhuizen beschreiben 1998 in einer Fallstudie den BVD-Ausbruch auf einer niederländischen Milchfarm (ca. 100 Kühe). Persistent infizierte Kälber im Betrieb führten zu einem Gesamtverlust von 96'000 Gulden (ca. 66'000 SFR). [16]

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Schwierig abzuschätzen...

Der durch BVD verursachte wirtschaftliche Schaden ist beträchtlich, wenngleich er recht schwierig abzuschätzen ist. Es muss nämlich davon ausgegangen werden, dass viele BVD-Infektionen unerkannt bleiben bzw. die damit verbundenen Schäden nicht mit dem Virus in Verbindung gebracht werden. Der effektive Verlust hängt ausserdem von den verschiedensten Faktoren ab, etwa der Herdenstruktur (Anteil von Kälbern, Jungtieren und Kühen in unterschiedlichen Graviditätsstadien), dem Anteil empfänglicher (seronegativer) Tiere der Herde in den einzelnen Altersgruppen, dem Infektionsrisiko, der Inzidenz der Schadensereignisse nach der Infektion eines empfänglichen Tieres (Virulenz des Virusstammes, Kofaktoren) oder den Kosten jedes einzelnen Schadensmerkmals [14]. Im Vordergrund steht dabei nicht die Erkrankung an Mucosal Disease (obwohl sich diese wohl am einfachsten in Zahlen fassen lässt), sondern die Ausfälle, die durch verminderte Fruchtbarkeit und Leistungsfähigkeit (z.B. verminderter Milchertrag) der Tiere entstehen.

 

BVD-bedingte Kosten in der Schweiz…

Konkreter finanzieller Schaden erleidet der Tierhalter durch Aborte, Kümmerer, Missbildungen, Tierverluste (MD), verminderte Milchleistung, Diarrhoe bei Jungtieren etc. (siehe nächste Seite). In der Schweiz entstehen dadurch jährliche Kosten von 6 - 12 Mio Franken. Dieser Betrag berücksichtigt nur die direkten Ausfälle, indirekte Kosten (etwa eingesetzte Medikamente) bleiben aussen vor. Nur deshalb scheinen die Schäden in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern relativ bescheiden zu sein. Der durch ein PI Tier verursachte Verlust beträgt in der Schweiz dennoch immerhin etwa 800 SFr.

 

Wie entsteht der wirtschaftliche Schaden?

Infektion seronegativer nicht-trächtiger Tiere

  • Virusdiarrhoe kann schwer verlaufen. Betroffene Tiere können im Extremfall verenden (Abgangsverluste). Obgleich für BVD keine ursächliche Therapie existiert, fallen in solchen Fällen u.U. beträchtliche Tierarztkosten an (Abklärung, symptomatische Therapie).
  • BVD wirkt immunsuppressiv, was sekundäre Erkrankungen begünstigt. Untersuchungen haben gezeigt, dass BVD häufig Pasteurella multocida und Mannheimia haemolytica den Weg ebnet. In einer schwedischen Studie wurde erhöhte Mastitisanfälligkeit und die Tendenz zu Retentio Placentae bei der Geburt von PI Tieren festgestellt [23].
  • BVD reduziert den Milchertrag: während bei seropositiven (immunen) gesunden Tieren keine verminderte Milchleistung festgestellt werden konnte [24], wurden bei epidemischen BVD Ausbrüchen in ungeimpften Herden die Milcheinbussen auf bis zu 30% geschätzt [25].

Infektion seronegativer, trächtiger Tiere

  • Reduzierte Fruchtbarkeit: eine akute Infektion eines trächtigen Tieres kann zu embryonalem Frühtod, Missbildungen oder zum Abort führen. Zwar scheint hier der Einfluss von BVD unter Feldbedingungen etwas überschätzt zu werden, denn in einer im Jahre 2001 veröffentlichten Schweizer Studie [26] konnten weder eine erhöhte Returnrate (Infektion am Anfang der Trächtigkeit) noch BVD-bedingte Malformationen (Infektion während der zweiten Trächtigkeitshälfte) festgestellt werden, wohl aber eine deutlich erhöhte Abortrate im mittleren Drittel (Infektion zwischen Tag 46 und Tag 210) der Gestation.

Kälber

  • BVD verursacht Kälberdurchfall: Untersuchungen haben gezeigt, dass BVDV beim Kalb auf zweierlei Weise Durchfall verursacht. Einerseits bewirkt es direkt eine Villusatrophie im Duodenum und eine Entzündung der intestinalen Submucosa. Andererseits vermag es die pathogene Wirkung von Rotaviren zu verstärken [27].

Persistent infizierte Tiere

  • Problemfall PI Tier: Abgesehen von der Tatsache, dass PI Tiere als Virusausscheider fungieren (dies allein rechtfertigt schon die Tötung des Tieres), neigen viele PI-Kälber zum Kümmern (allerdings können auch infizierte Nicht-PI Tiere kümmern!). Die Sterblichkeitsrate liegt bei PI Tieren im ersten Lebensjahr bei etwa 50%. Von 12 auf einer britischen Farm identifizierten PI Kälbern starben 6, 4 kümmerten und nur 2 wuchsen “normal” auf [28]. Außerdem besteht die Gefahr, dass PI Tiere an Mucosal Disease erkranken, was eine Verwertung des Tieres erschwert. In der Schweiz wurden im Jahre 2004 offiziell 172 Fälle von MD registriert [29], die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher liegen. Relativierend ist anzumerken, dass PI Tiere epidemiologisch zwar von überragender Bedeutung sind, dass der direkte wirtschaftliche Verlust durch sie im Vergleich etwa mit gestörter Fruchtbarkeit oder Problemen infolge Immunsuppression relativ gering ist.